Am Donnerstag beginnt die 20. Fußball-Weltmeisterschaft. In Russland kicken dann 32 Teams um den begehrten Weltpokal. Die unter Fußball-Experten meist diskutierte Frage: Kann Deutschland seinen Titel verteidigen und damit den fünften Stern holen?
Dieser Frage kann man sich intuitiv nähern und den eigenen Fußballsachverstand bemühen. Doch reicht dieser aus, um alle Facetten des Fußballs zu verstehen? Das Startup-Unternehmen KickForm aus Münster hat sich diesem Thema wissenschaftlich gewidmet. In Zusammenarbeit mit dem Münsteraner Physik-Professor Andreas Heuer, der das Buch „Der perfekte Tipp“ schrieb, haben sie auch eine Prognose für die WM in Russland abgegeben. Dabei wurden für alle 64 Spiele mittels einer mathematischen Formel die Wahrscheinlichkeiten für Sieg, Unentschieden und Niederlage berechnet. Mittels einer Simulation wurde das Turnier 100.000-mal durchgespielt. Was kam am Ende heraus? Deutschland verpasst die Titelverteidigung, wenn auch nur knapp. Die Brasilianer scheinen sich hingegen von der Schmach im eigenen Land vor vier Jahren gut erholt zu haben und streben ihren sechsten WM-Titel an. „Natürlich vertrauen wir unserer Prognose, wenngleich wir uns wünschen, dass das Endspiel einen anderen Verlauf nimmt“, hofft Jan Drüker einer der Gründer des Starups.
Doch wie kommt man zu solch einer Formel? Einfach ist es jedenfalls nicht, da der Zufall eine Rolle spielt. „Wir haben in unserem System ermittelt, dass der Einfluss des Zufalls im Fußball ungefähr 80 Prozent beträgt“, weiß Professor Heuer zu berichten. Eine der Basiszutaten ist der sogenannte ELO-Wert als Maß für die Leistungsstärke eines Teams. Eigentlich basiert diese Formel auf einem von Arpad Elo entwickeltem System zur Bewertung von Schachspielern. Dieser Index dokumentiert die Leistungsstärke eines Teams. Trifft dabei ein Team mit einem hohen Index auf einen Gegner mit kleinem Index und verliert, so verliert der Favorit viele Punkte und der Underdog gewinnt dementsprechend deutlich. Favoritensiege hingegen bringen vergleichsweise wenige Punkte ein. Dieser Index wird in Tordifferenzen umgerechnet, wobei für die Historie ein Mittelwert von 2,6 Toren pro Spiel angenommen wird. Nun werden die Wahrscheinlichkeiten für alle Spielausgänge ermittelt. Nach einer Simulation ergibt sich dann ein prognostiziertes Ergebnis.
Dabei schafft Deutschland wieder den Sprung ins Finale. Dass es mit der Titelverteidigung schwierig werden könnte, zeigt auch die Historie. Als amtierender Weltmeister überzeugte Deutschland nur 1958 in Schweden, wurde Vierter. In Argentinien 1978 kam das Aus in der zweiten Runde, während 1994 in den USA im Viertelfinale Schluss war. Nur Italien 1938 und Brasilien 1962 konnten ihre Titel verteidigen.
Wie wichtig ist der Auftakt der Deutschen am Sonntag gegen Mexiko? Um den Titel zu holen, sollten sie besser nicht verlieren. Denn Weltmeister sind keine Fehlstarter. Nur Spanien konnte 2010 trotz eines 0:1 gegen die Schweiz am Ende dennoch seinen ersten WM-Titel feiern.
Aber die Auftaktbilanz der Deutschen kann sich sehen lassen. Nur 1982 verlor ein deutschen Teams das erste Spiel. Damals gab es ein 1:2 gegen Algerien, aber trotzdem wurde die DFB-Elf Vizeweltmeister. Bei den letzten drei Premieren glückten immer vier Treffer. In fünf der letzten sechs Premierenspiele kassierte die deutsche Abwehr keinen Gegentreffer.
Das Kick-Form-Modell sagt dennoch nur eine 17-prozentige Wahrscheinlichkeit für einen deutschen Turniersieg aus. Es gibt aber auch andere Analysen, die den deutschen Fans mehr gefallen dürften. Der Schweizer Bankgigant UBS erstellte ebenfalls eine Prognose und beziffert Deutschlands Titelchancen auf 24 Prozent. Erst dahinter reihen sich die Brasilianer mit 19,8 Prozent ein. Auch die Schweizer verwendeten das ELO-Ranking (Quelle: eloratings.net) . Immerhin kommen beide Modelle zum selben Finalspiel.
Weitere Infos zum Modell unter: www.kickform.de